Korridore des Sagbaren
1. August | Kyjiw
Russland lässt Drohnen auf Wohnhäuser in Kyjiw fliegen und tötet 31 Menschen, mehrere Kinder darunter.
2. August | Bilder von Hunger II
Hamas veröffentlicht Videos zwei israelischen Geiseln, Rom Braslavski, so abgemagert, dass er nur mit einer Sonde noch ernährt werden kann, Evyatar David, aufs Skelet abgemagert, der sein eigenes Grab schaufeln muss, Hamas, die Hunger als Waffe einsetzen und den Hunger, den Israel als Waffe einsetzt, ebenfalls als Waffe nutzt.
3. August | die Korridore des Sagbaren
Kultusstaatsminister Weimar Wolfram Weimer, der die Korridore des Sagbaren erweitern will und eine bevormundende Spracherziehung ablehnt, verbietet es, in seinem Geschäftsbereich zu gendern.
4. August | Feuer mit Feuer

Weil Donald Trump 5 Stimmen mehr aus Texas für die nächsten Kongresswahlen bestellt, gestalten die Republikaner in Texas die Wahlkreise per Gerrymandering entsprechend um. Als das im texanischen Kongress beschlossen werden soll, verlassen mehr als 50 demokratische Abgeordnete Texas Richtung Chicago. Damit kann das Gesetz nicht beschlossen werden. Der republikanische Gouverneur droht den Abgeordneten mit strafrechtlicher Verfolgung und Festnahme. Daraufhin erklärt die demokratische Gouverneurin von New York: »Wir müssen dasselbe tun. Man muss Feuer mit Feuer bekämpfen … Das ist Krieg, wir sind im Krieg.«
5. August | sensualer Kulturkampf Sydney Sweeney
Reden über Werbung. Reden über Sydney Sweeney, die sich in Denim räkelt und Jeans ausspricht wie Genes, die von den Vorfahren weitergegeben werden und Haarfarbe bestimmen und Augenfarbe und Sydney Sweeneys Gene sind blau, haucht Sydney Sweeney. Reden darüber, ob das rassistische Untertöne haben könnte und reden darüber, wie manche der Jeans/Genes-Werbung mit der weißen Sydney Sweeney, die über blaue Augen spricht, White Supremacy vorwerfen. Reden darüber, wie Right Wings den Vorwerfenden Rassismus gegen Weiße vorwerfen, »Wow. Now the crazy Left has come out against beautiful women« und der Vizepräsident erklärt: »My political advice to the Democrats is continue to tell everybody who thinks Sydney Sweeney is attractive is a Nazi.« Und jemand erinnert sich an sensuale Jeanswerbung aus den 1980er Jahren mit der minderjährigen Brooke Shields, in der diese ein ähnliches Jeans/Gens-Wortspiel machte, überhaupt ist jeder irgendwie auch sensual drauf, wenn er sich über den Jeans-Ad mit Sydney Sweeney und die Erregung darüber erregt, nie war Kulturkampf so sensual. Und jemand recherchiert, dass sich Sydney Sweeney 2024 für die Republikaner registrieren ließ und eine Gruppe (weißer) amerikanische Frauen zeigen den Hitlergruß, um so die Crazy Lefts zu verspotten, die alles für Nazisymbole halten. Und weil nichts davon erfunden ist, steht währenddessen Donald Trump wie ein Pablo-Escobar-Meme auf dem Dach des Weißen Hauses und kommentiert: »Sydney Sweeney, a registered Republican, has the ‘HOTTEST’ ad out there«, freut sich, weil Sydney Sweeney nicht die enttäuschenden Arbeitsmarktzahlen ist, deren Botin er kürzlich erst entlassen hat, weil sie ihm die schlechten Zahlen überbrachte, freut sich, weil Sydney Sweeney nicht Epstein ist.
6. August | das Schlimmste
Das Schlimmste, was man so hört, was der deutsche Staat machen kann: Schulden.
7. August | Sieg für den Vibeshift
Frauke Brosius-Gersdorf zieht ihre Kandidatur für das Verfassungsgericht zurück. So einfach ist das also mit dem Niederreißen der bürgerlichen Rechtschaffenheit der sogenannten Mitte.
8. August | nochmal Sweeney

Nochmal Jeans-Sweeney, nicht, weil diverse (weiße) republikanische Politikerinnen Fotos von sich in Denim teilen und dazu schreiben »xyz has great jeans«. Sondern weil sich anhand der Werbung ganz exemplarisch eine sehr erfolgreiche Kommunikationsstrategie des Kulturkampfes zeigt. Jemand macht eine radikale Äußerung, in der Hoffnung, andere zu triggern. Jemand »Wokes« wird getriggert. Jemand von Antiwoke reagiert auf das Getriggertsein. Wochenlange Berichterstattung über das irre Woke. Nur: Mittlerweile braucht es keinen mehr, der getriggert wird. Einzelne Stimmen werden als Beleg für alles »Woke« genommen. Bei Sweeney war es ja bei weitem nicht so, dass Millionen sich über die Werbung empört haben. Ein autarker Empörungszirkel, der keine Progressiven mehr braucht, der Aufmerksamkeit aus sich selbst heraus schafft, nach innen und außen kommuniziert und dominiert.
9. August | Gender*verbot
So ganz klar wird es nicht: Verbietet Kulturstaatsminister Weimar Weimer nun das Gendern? Oder deutet er nur an, dass kulturelle Anträge, die gegendert sind, zukünftig nicht mehr gefördert werden? Oder braucht es gar kein »Verbot«, weil die Andeutung, dass es so gehandhabt werden könnte, schon genügt? Man weiß es in diesen Tagen einfach nicht.
10. August | verglühen
Die amerikanische Regierung ordnet an, Archive zu löschen, in denen Daten über CO2-Konzentration der letzten Jahrzehnte gespeichert sind. Ordnet auch an, einen Satelliten, der diese und andere Klimaaaten erhebt, in den Atmosphäre verglühen zu lassen. Währenddessen Hitzwelle in Südeuropa, Spanien, Waldbrände, die üblicher 20er-Sommer, deren Ursprünge gerade umgeschrieben und verschleiert werden.
11. August | abstumpfung

Merke, wie ich gerade so viel seltener in den Newscycle dive. Nicht, weil ich mich bewusst fernhalten will vom Schlechten der Welt oder mich überfordert fühle oder mich mental gesund halten will. Vielmehr merke ich, wie wenig Interesse es hervorruft: Trump ruft mithilfe erfundener Kriminalitätszahlen die Armee nach Washington, Trump lädt Putin zum Kriegsgipfel nach Alaska ein und benennt Alaska Russland zugehörig, die israelische Armee tötet vorsätzlich mehrere palästinensische Journalisten in Gaza, in den Umfragen liegt AfD so und so viele Punkte vor der CDU und ist damit die stärkste Partei Deutschlands etc. Es ist so: Das hatte ich dieses Jahr schon so und so oft gehört. Was bringt es, einmal mehr Überschriften zu erfahren? Und dann noch etwas dazu schreiben? Wozu?
13. August | München, Alaska
Allgemeines banges und nervöses Warten auf die »Friedensgespräche« von Putin und Trump in Alaska. Die Befürchtung eines neuen Münchens, Appeasement für den Diktator, hektische Onlinemeetings, in denen Trump Honig ums Dealmakermaul geschmiert wird und ihm wie einem dummen Schulkind fünf wichtige Punkte so simpel aufbereitet werden, so dass er sie versteht UND sie sich merken kann, weil gesagt wird: Trump macht das, was ihm zuletzt gesagt wird. Pure Verzweiflung und maximal entwürdigend, diese Form von Diplomatie, in der Hoffnung, dass Trump nicht aus Versehen 1/3 der Ukraine dem Angreifer schenkt und der Rest der Welt nichts dagegen machen kann.
14. August | Umfragen

Mehrmals schon zu Einträgen zu aktuellen Wahlumfragen angesetzt, in denen die AfD gleichauf oder mehrere Prozentpunkte vor der CDU liegt, Tenor jeweils: Rechtsextreme stärkste Partei Deutschland. Heute eine Umfrage, in der die CDU deutlich vor AfD liegt. Je nach Umfrage kann man alles daran aufhängen; Untergang, Bestätigung, Entspannung, Shift vom Vibeshift. Letztlich aber so, dass es so ist, und erst mal so bleibt, Kopf an Kopf.
15. August | Anchorage, Alaska
Trump klatscht, als Putin über den roten Teppich tänzelt. So ist dann auch das Auskommen dieses Treffens: vorzeitige Abreise, die amerikanische Delegation vergisst Papiere im Hoteldrucker, nichts passiert, außer dass Trump einen Waffenstillstand ausschließt.
16. August | Schrumpfung in Nordthüringen

Fahrt nach Nordthüringen. Nachmittags Besuch in einem Vereinsfreibad. Nachdem die Stadt die Finanzierung nicht mehr stemmen kann, helfen die Bürger des Orts gemeinschaftlich: verlegen Rohre, streichen und säubern das Becken, bauen Beachvolleyballplätze, legen Fundamente … Eine lange Chronik zeigt das gemeinschaftliche Engagement für einen gemeinsamen Ort, etwas für die Gemeinschaft, man kann nicht genügend Loblieder darauf singen. Ein Schwimmmeister lehrt den Kindern den Kopfsprung und brät auf Wunsch eine Bratwurst. Aber auch: Am Eingang hängt ein Zettel, der Frauen in verschiedenen muslimischen Kleidungsstücken zeigt und dazu schreibt: In dieser Bekleidung ist der Zutritt verboten. Aus rassistischen hygienischen Gründen, wird begründet. Gemeinschaft rettet nichts, sagt dieser Zettel auch.
Am Abend die Moderation einer Lesung mit Grit Lemke. In »Kinder von Hoy« erzählt ein Wir die Geschichte Hoyerswerda von 1950 bis heute und damit die Geschichte der DDR und Ostdeutschlands. Zweieinhalb Stunden sitzen wir in der Kulturscheune. Organisiert hat die Lesung ein Verein, der ein Klostergut in vielen tausend Arbeitsstunden wiederaufgebaut hat und der nun mehrmals im Jahr kulturelle Veranstaltungen in einem 300-Seelen-Dorf organisiert, Schreibworkshops, Erinnern, Mindmapping Vorwende-Nachwendezeit, ein Soundinstallation über die örtliche LPG, bald ein Poesieabend mit Lyrikerinnen aus Ukraine, Argentinien, Deutschland. Ein Beispiel dafür, dass Gemeinschaft vielleicht doch rettet.
Ich weiß es nicht.

Am Ende der Lesung ein Film, der Fotos aus den vergangenen Jahrzehnten in Hoyerswerda zeigt; die Melancholie über etwas unwiderruflich Gegangenes, nicht ein Staat, sondern die Zeit, Kindheit, Jugend. Und was danach an diese Stelle getreten ist: die 1990er, der Pogrom von 91, die Hakenkreuze auf den Neubaufassaden, die Springerstiefel. Eine große Traurigkeit meinerseits, dass es so gekommen ist, dass dies für die Zeit steht, für dieses mein Land, meine Herkunft, dieser Sumpf, das kollektive Versagen, das Nazitum, das sich breitgemacht hat und wieder da ist. Grit Lemke erzählt, dass das eine Beobachtung aus den letzten Monaten ist: Die Nazikleidung aus den Baseballschlägerjahren ist wieder da in Hoyerswerda, die Glatzen, die Bombenjacken, die weißen Schnürsenkel, war nie weg, aber nun ein selbstbewusstes Zeigen, innen wie außen.
In der anschließenden Diskussion wieder die gewohnten Reaktionen: das Teilen ähnlicher Erinnerungen über den Abbruch in den 1990ern. Jemand, der zackig das Mikro ergreift und der Politik alle Schuld zuschiebt. Jemand, der sagt, man muss auch selbst »den Po hochkriegen« und kann nicht immer nur schimpfen. Am Ende kommen wir auf Schrumpfung zu sprechen, dass Ostdeutschland, Land wie Stadt schrumpfen wird und wie diese Schrumpfung sich steuern ließe. Ich denke: Vor der Planung der Schrumpfung in Ostdeutschland durch die Politik muss erst die Akzeptanz der Ostdeutschen kommen, dass Ostdeutschland schrumpft und weiter schrumpfen wird, die Kleinstädte und Dörfer, die Jungen und Mittelalten, sie werden so viel weniger werden. Erst, wenn wir das anerkennen, kann die Politik damit auf Bühnen treten. Wenn nicht, wird aus Trotz und Bitternis Ostdeutschland noch flächendeckender rechtsextremer.
17. August | Abknattern

Über den gestrigen Abend sprechen. Dabei kommt die Rede auf »Abknattern«, ein Fest, das bald im Nachbardorf stattfinden wird. Jugendliche, die an ihren Simsons herumschrauben, beenden die Saison mit einer Feier. Gestern zu Lesung einer dieser Jugendlichen im Publikum mit Jeansjacke, auf der hinten groß die Liebe zur S51 gedruckt stand.
Sprechen darüber, wie die Simson politisch aufgeladen ist. Ich erzähle, wie ich immer wieder in meinen Facebook-Feed Werbung gespült bekomme von so mittelalten AfD-Politikern, die mit halboffenem weißem Hemd auf einer Simson sitzen und irgendwas mit »Freiheit« steht dazu. Jemand fragt, wie die Simme-Jugendlichen hier so drauf sind, Naja, einige sind schon tief in den blauen TikTok-Content eingetaucht. Der Nachbarort auch unter den Top10 der höchsten AfD-Ergebnisse zur Bundestagswahl, Seitdem taucht immer mal wieder ein Fernsehteam vom ZDF auf, das das »Dorfleben« beobachten will und die zweite Frage ist dann nach der AfD.
Jedenfalls im Gespräch auch Ärger darüber, dass die Simson so bereitwillig den Rechtsextremen überlassen wird. Weil, so eine Überlegung, das ließe sich ja auch ganz anders handhaben: Die Simson als nachhaltig branden, weil damit Altes wiederverwendet wird, sie wenig Sprit braucht, kein Auto benutzt wird. Wenn wir wollen, kann die Simson ökologisch sein, antifaschistisch. Stattdessen ist sie das Instrument der mittelalten Weißhemdenträger, mit der diese die Thüringer Dorfjugend einfangen.
18. August | Friedensgipfelzeit
Treffen von Trump und Selenskyj in Washington, der ukrainische Präsident wird von mehreren europäischen Staatschefs begleitet, ein an sich beeindruckendes Symbol der Unterstützung.
Das Treffen aber auch Trump, der Selenskyj seinen Schrank mit den roten Basecaps »4 more Years« (bzw. »Trump 2028«) zeigt. Trump, der das Treffen für 40 Minuten unterbricht, um von Putin Anweisungen zu erhalten mit Putin zu telefonieren. Das Treffen auch Trump, der Selenskyj auffordert, in einem Anzug zu erscheinen. Das Treffen dann dieser Dialog:
Glenn: You look fabulous in that suit
Trump: That’s the one that attacked you last time
Selenskyj: I remember that. You’re in the same suit. I changed mine.
Ich sehe, wie Trump lacht und dieses Lachen scheint echt zu sein und wirkt entspannend und ich entspanne, weil ich denke: Puh, das wird Trump günstig stimmen und einen Erfolg wahrscheinlicher machen. Wie würdelos das alles ist, ein solches Denken, diese Kotaus, die wir alle so tief ausführen, alle auf Eiern tanzen, um den amerikanischen Präsidenten Monarchen keinesfalls missgünstig zu stimmen, wie unwürdig wir uns alle aufführen und ihn damit erst recht zum König der Welt machen.
Währenddessen lässt Putin verstärkt Drohnen auf ukrainische Städte fliegen, tötet Kinder, Frauen, Männer, so ist diese Friedensgipfelzeit, diese Simulation einer Diplomatie.
19. August | Julia Klöckner

Julia Klöckner bin ich einmal begegnet: vor einem Jahr im August im Eichsfeld, auf einen Wahlkampftermin des heutigen CDU-Ministerpräsidenten. Julia Klöckner fiel auf, als sie die Betriebshalle betrat, nicht nur, weil sie prominent war, sondern weil sie eine bestimmte Form von Energie in den Raum brachte. Sie lachte viel und legte Hände auf Oberarme, sie war zugewandt, suchte das Gespräch, weniger mit den anwesenden Arbeitern, als mit denen, die eine Funktion hatten; anwesende Politiker, Medienleute. Sie erzählte, dass sie auf Osttour sei und ihre Kollegen unterstütze, am Abend stehe ein Termin mit Markus Söder an, der »Söder Markus«, wie sie sagte und lachte, sie war prominent und sie mochte es, so schien es, gern in der Nähe andere Prominenz.
Irgendwie ist es so, dass Julia Klöcker als Bundestagspräsidentin die prägende deutsche Politikerin dieses Sommers ist: Das Verbot von Tragen von Symbolen im Bundestag. Das Verbot des Hissens der Regenbogenflagge über dem Bundestag. Vor ein paar Tagen die Gleichsetzung der taz mit Nius, was sie auf einem Empfang des Nius-Geldgebers tat, man müsse so etwas »aushalten« – sie selbst hält es ganz gut bei Nius aus.
20. August | der Lüge
Ich sehe ein Video, in dem Björn Höcke einen verurteilten Motorradrocker trifft und sagt, es sei eine große Ehre etc. Das Video wird geteilt mit dem Wunsch, damit offenzulegen, was für einen zweifelhaften Umgang der thüringische Landesvorsitzende pflegt.
Und das wird ständig gemacht: Rechtsextremisten in ihren Lügen überführen, zu zeigen, wie sich selbst widersprechen, Widersprüche offenzulegen – der Faktencheck nach dem Tino-Chrupalla-Sommerinterview, Trump, der lügt, wie gut es den Restaurants in Washington gehe, Alice Weidel, die mit einer Frau zusammenlebt. Ständig Informationen, die die Rechtsextremisten stellen, etwas offenbaren, die sie entzaubern sollen.
Aber muss denn noch entzaubert werden? Für die Anhänger eigentlich nicht und für ihre Gegner ja auch nicht. Die Widersprüche sind ja längst klar, seit Jahren. Klar ist es wichtig, das zusammenzutragen, nicht lockerzulassen, immer auf den aktuellen Stand der Lüge zu bleiben. Aber ich merke, dass ich keinerlei Erwartung damit verbinde, keine Linderung, keine Entzauberung. Die Lüge ist jedem klar. Die Lüge und der Widerspruch ist der Standard dieser Tage. Beides zu zeigen, ändert nichts.
21. August | Zuschneidung

Die republikanische Mehrheit des Parlaments in Texas beschließt die Neuzuschneidung von Wahlkreisen in Texas, so, dass mit fünf zusätzlichen Sitzen für MAGA gerechnet wird. Die demokratischen Abgeordneten werden unter Polizeibegleitung Überwachung zur Anwesenheit im Parlament gezwungen. Trump fordert andere Staaten auf, auch Wahlkreise zugunsten MAGAs zuzuschneiden und Wahl per Mail zu verbieten und schreibt: »If we do these TWO things, we will pick up 100 more seats, and the CROOKED game of politics is over.« Dann wäre es legal nicht mehr möglich, MAGA abzuwählen, im nächsten Jahr schon, das formale Ende der Demokratie in den USA.
22. August | THANK YOU FOR YOUR ATTENTION TO THIS MATTER!
Gavin Newson, der Gouverneur von Kalifornien, kommuniziert seit einigen Tagen exakt so, wie Trump kommuniziert: Tweets in GROSSBUCHSTABEN, sich selbst prätentiös loben, andere beschimpfen, lügen, anmaßende KI-Bilder. So postet Newson ein KI-Bild, wie ihm der verstorbene Hulk Hogan mit Engelsflügeln die Hände auf die Schulter legt. Schreibt »DONALD TRUMP, THE LOWEST POLLING PRESIDENT IN RECENT HISTORY, THIS IS YOUR SECOND-TO-LAST WARNING!!! (THE NEXT ONE IS THE LAST ONE!) «. Oder: »DONALD IS FINISHED — HE IS NO LONGER “HOT.” FIRST THE HANDS (SO TINY) AND NOW ME — GAVIN C. NEWSOM — HAVE TAKEN AWAY HIS “STEP.” MANY ARE SAYING HE CAN’T EVEN DO THE “BIG STAIRS” ON AIR FORCE ONE ANYMORE — USES THE LITTLE BABY STAIRS NOW. SAD!« Und, als Bonus, stets das Kopieren von Trumps Verabschiedung: »THANK YOU FOR YOUR ATTENTION TO THIS MATTER!«
Dabei viel zu kritisieren an Newsons sonstiger Kommunikation, seinen Positionen, überhaupt die Frage, ob das Spiegeln von etwas das Gespiegelte überhaupt beschädigen kann. Aber auch: Als Reaktion darauf, dass MAGA in Texas die Wahlkreise neu zuschneiden ließ, treibt er das Projekt voran, die Wahlkreise in Kalifornien so zuzuschneiden, dass die 5 gerrymandering Sitze wieder ausgeglichen werden, Rhetorik und Tat.
24. August | offen
Die Nationalgarde jetzt offen mit Waffen in Washington, die Ankündigung, dies in anderen (von Demokraten regierten) Städten ebenfalls zu tun.
25. August | Dönersöder
»Dieses fetischhafte Wurstgefresse von Markus Söder ist ja keine Politik. Und es erfüllt dennoch einen Zweck. Es lenkt ab von den Gründen, die Menschen haben können, sich nicht gesehen und nicht mitgenommen zu fühlen.« Sagt Robert Habeck in einem Interview, in dem er das Niederlegen seines Bundestagsmandat begründet.
Und: »Unter dem Aktenzeichen 3020240083754 wurde die Marke „Söder Kebab“ offiziell beim Marken- und Patentamt angemeldet. Sowohl die Wortkombination als auch ein gezeichnetes Bild von Söder als Kebab-Mann sind nun also rechtlich geschützt.«
26. August | Sozialstaat
»Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar«, sagt Kanzler Merz und »Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt, nicht irritieren lassen«. Er rät (der SPD) zu einem Kurs, der »migrationskritisch« und »industriefreundlich« sein soll.
Im Prinzip Vorfreude auf einen Herbst, der geprägt wäre von einer ernsthaften Diskussion von Klasse, Vermögensverteilung, sozialer Gerechtigkeit, dem Platzenlassen von Rhetorikballons wie »Leistungsgesellschaft«, »Familienunternehmen« oder »Faulheit«. Vielmehr aber die Ahnung, dass Debatte und Ergebnis ähnlich desaströs sein werden wie im Fall Brosius-Gersdorf, gerade, wenn der Kanzler in die Debatte um Aufstocker einsteigt mit Sätzen wie »Diejenigen, die für 530 Euro im Monat arbeiten, denen muss man doch mal die Frage stellen, warum könnt ihr nicht auch für 2.000 Euro im Monat arbeiten?«
27. August | Pflichten
Die Regierung bringt ein Gesetz »auf den Weg« für eine freiwillige Wehrpflicht. Verpflichtend wird erst einmal sein, dass alle 18jährigen Männer einen Fragebogen ausfüllen müssen, damit, so der Verteidigungsminister, soll sich die junge Generation »zumindest gedanklich wieder mit der Bundeswehr auseinandersetzen müssen«. Ein Ökonom schlägt die Einführung eines verpflichtenden sozialen Jahrs für Rentner vor.
28. August | Linkes Schuld Gottes Beitrag

Diskussionen über Titelthema der ZEIT: »Sind die Linken selber schuld?« Dazu das Bild eines Körpers, der in einem rotgestrichenen Raum steht, nur eine kleine Stelle, die Stelle, wo der (linke?) Körper steht, ist noch weiß, er hat sich selbst ausweglos in die Ecke getrieben, sagt das Bild, der linke Körper hat, weil er alles rot gemalt hat, alles blau-braun werden lassen.
Erfahre in diesem Kontext von Betteridges Gesetz der Überschriften: »Jede Überschrift, die mit einem Fragezeichen endet, kann mit einem Nein beantwortet werden.« Das Fragezeichen quasi nur ein Ausrufezeichen der Gegenseite. Jedenfalls geht die Argumentation u.a. so, dass zu viele Gendersterne Menschen zu Faschisten gemacht haben.
Und vielleicht ist eine These aus dem Lesen, dass die übliche Definition von links/rechts anhand der sozialen Frage uns in diesen Jahren abhandengekommen ist, was durchaus Verdienst von rechts wie links ist und dass (These) zum neuen Links irgendwie alles gehört, was mit, sagen wir beispielsweise demokratisches Gesellschaftssystem oder Menschenrechte zu tun hat und – weil sich das Feeling von »rechts« soweit ins Rechtsextreme verschoben hat – rechts heute alles andere in sich sammelt und klassische Konservative wie Volker Kauder dann eben links sind und links damit ein nutzloses Wort wird wie Woke, kann alles sein, vor allem Projektionsfläche, ein ganzer Raum rotgestrichen.
29. August | National Guard soldiers on patrol in Washington DC
Ein Bild macht die Runde: Soldaten marschieren vor einem Gebäude, an dem a) die amerikanische Fahne hängt und b) ein sehr großes Banner, auf dem Trumps Antlitz mit seinem strengen Blick abgebildet ist, darunter steht »FIRST«, ein Banner wie aus 1984, Orwell schrieb: »Ganz hinten an der Wand war ein farbiges Plakat befestigt, das für innen eigentlich zu groß war. Es zeigte nichts als ein riesiges Gesicht, mehr als einen Meter breit:« Oder wie es bei reddit zum Thread National Guard soldiers on patrol in Washington DC zum Foto heißt: »This looks like a screenshot of a video game where you’re playing in a future dystopia«.
Am gleichen Tag eine Podcast-Serie über Peter Thiel beendet, die damit schließt, wie Thiel sich aufs Armageddon vorbereitet; die USA als christliche Schutzmacht gegen das Chaos des Endkampfs, wie Curtis Yarvin dafür nach Trumps Tod JD Vance als Monarchen eines katholisch-autoritären Königreichs aufrufen lassen will etc.
Ich frage mich, wie man Aufzeichnungen über diese Jahre später einmal lesen wird. Werden Absätze wie der davor als alarmistische Spinnereien gelesen werden, als ein lustvolles Verlieren in irrsinnigen Übertreibungen? Wird man lesen und fragen: Lag nicht alles auf den Tisch, war nicht offensichtlich, wohin es den Engel der Geschichte trieb?
Jedenfalls bekommt eine der erschossenen Angreiferinnen vom 6. Januar ein Ehrenbegräbnis durch den Staat, während Verantwortliche danach rufen, den (schwarzen) Polizisten, die sie erschoss, zu lynchen.
30. August | Rätselraten
In den sozialen Medien (rechts wie links) ein spielerisches(?) Rätselraten darüber, ob Donald Trump gestorben ist. Indizien: Verfärbung der rechten Hand (wie bei der Queen kurz vor deren Tod). Das Streichen aller Termine für die kommende Tage. Eine Äußerung von JD Vance: »And if, God forbid, there’s a terrible tragedy, I can’t think of better on-the-job training than what I’ve gotten over the last 200 days«. Und der PENTAGON PIZZA INDEX, der die Bestellung von Pizzas rund ums Pentagon misst: Werden besonders viele Pizzen geordert, deutet das auf viele Meetings hin und viele Meetings bedeutet, etwas ist geschehen, zu dem viele Meetings gehalten werden müssen. Stand Samstagabend gibt es weder Bestätigung noch Dementi. Update kurz darauf: Ein verhuschtes Foto des Vermeintlichen, fahl, wie er zum Golfplatz gefahren wird.