Raketengrüße


1. Januar 2025 | Neujahr

5 Tote beim »Knallen«, in Weimar auf dem Goetheplatz noch vor Mitternacht ein Polizeiwagen in Flammen gesteckt. Die Erneuerbaren decken 125% des Energiebedarfs ab, 2024 war das wärmste Jahr in Deutschland, in New Orleans fährt jemand mit Truck in Menschen, vor einem Trumphotel explodiert ein Tesla Cybertruck und steht in Flamen, jetzt schon Symbolbild des Jahres(?), in Damaskus wird das neue Jahr mit DJ auf dem Umayyad Square gefeiert, in Afghanistan verbieten die Taliban Fenster mit Blick auf Frauen, Elon Musk schreibt »Steinmeier ist ein antidemokratischer Tyrann!« und ändert sein Profilbild zu Pepe der Frosch, ein ganzes Bergwerk an Bedeutungen darunter, für die meisten nur ein lustig Amphibe.

Ich stehe wieder in einem Garten und im Gespräch geht es leider darum, warum Kamala Harris gefährlicher ist als Donald Trump und Robert F. Kennedy Jrs. Anti-Impfing Hoffnung verspricht, geht um mRNA-Impfstoffe und warum der eigentliche Aggressor im Ukraine-Krieg die USA sind etc. Nahtlos weiter, Schuhe angezogen, in Siebenmeilenstiefeln zurück in den Strom, nicht mal einen Tag Atempause. 

2. Januar 2025 | Polenböller

Forderungen nach den Silvestertoten gestern: verstärkte Grenzkontrollen zu Polen, weil die Böller aus Polen kamen, Polenböller. In den USA wird ein Zusammenhang zwischen dem Terror in New Orleans und dem explodierten Tesla untersucht, bei beiden ehemalige Soldaten die Täter. Trump macht in einem Tweet grundsätzlich illegale Einwanderer für New Orleans verantwortlich. Anders als bei Amokläufen in Schulen kaum Thoughts und Prayers.

3. Januar 2025 | 67%

Die Nachricht, dass Musks Weld-Text zu 67% von einer KI generiert sein könnte. Wenn es nicht möglich sein könnte, wäre es Kunst.

4. Januar 2025 | Cyber

Der explodierte TeslaCybertruck vor einem Trumphotel war ein Suizid, ein ehemaliger Elitesoldate, Trump/Musk-Anhänger. »Und zugleich inszeniert das Bild jene apokalyptische Vision von Amerika, die Antrieb wie Ziel der MAGA-Bewegung ist. Es geht um Brandbeschleunigung: Der Wahlsieg reicht nicht, man will die Welt brennen sehen. Das ist Meme-Terror – Vibes & Intensitäten anstelle von Symbolen & Bedeutungen«.

Die Washington Post lehnt die Karikatur einer ihrer bekanntesten Zeichnerinnen wegen der inhaltlichen Kernaussage ab. Die Karikatur zeigt mehrere Milliardäre, darunter Bezos, den Besitzer der WP, mit Geldsack und im Kniefall vor dem dicken Bauch Trumps. In Österreich platzen die Koalitionsverhandlungen, der Kanzler tritt zurück, Weg frei für FPÖ?

5. Januar 2025 | Aberkennung

Friedrich Merz fordert bei Trägern von Doppelstaatsbürgerschaften eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft nach Straftaten, wer nicht tausend Jahre deutsch war, kann niemals dazugehören. In Österreich wird mit der FPÖ zwecks Regierungsbildung verhandelt. In Apolda wird ein Schweinekopf vor einer jüdischen Gedenkstätte abgelegt.

6. Januar 2025 | Vorsatz

Heute mit jemanden gesprochen, der meinte, dass er sich bei allen News-Apps abgemeldet habe und nur noch hin- und wieder Deutschlandfunk hören würde, weil er ohnehin nicht mehr Schritt halten könne mit den alle-Zwei-Stunden-Breaking-News. Ein guter Vorsatz. Auch für mich, das Schreiben. Was nutzt es, jeden Move von Musk zu kommentieren (heute: er »entzieht« Nigel Farage wegen einer »kritischen« Äußerung das Vertrauen und fordert einen neuen Parteivorsitzenden, damit die Wahlspende dort ankommen könne)? So weit weg, was ließe sich Wertvolles dazu sagen? Einfach nur in zwei, drei Sätzen Geschehnisse sammeln? Wenn ich das fortführen soll, braucht es einen anderen Ansatz. Welchen?

Und: Amtsübergabe in den USA. Friedlich. Muss man erwähnen. Oder wie Marina Weisband schreibt: »Was Demokraten denken, was Republikanern denken: “Oooh! So geht also friedliche Machtübergabe! Vielleicht sind die wirklich würdevoller.” Was Republikaner denken: “Hehe, Trottel.”«

7. Januar 2025 | neue Ären

In Österreich alle Zeichen auf Volkskanzler Kickl, dem VoKaKi. In seiner ersten Rede kündigt er eine »neue Ära« für Österreich an. Mark Zuckerberg kündigt eine »new era« an und will Facebook nach dem Vorbild X gestalten, schafft dafür die Faktenchecker ab, weil sie zu parteiisch Fakten gecheckt haben, beruft einen Trump-Getreuen in den Vorstand. Free Speech gegen die »Legacy Media«. Alle größeren Tech-Unternehmen spenden Millionen zur Amtseinführung Trumps. In welcher Geschwindigkeit der vorauseilende Gehorsam zu den neuen Herrschern eilt. Trump kündigt an, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umzubenennen, sein Sohn fliegt nach Grönland. Robert Habecks Wahlwerbung wird auf das Siegestor in München projiziert. Jean-Marie Le Pen stirbt, die Nachrufe auch wohlwollend.

8. Januar 2025 | die nächsten amerikanischen Bundesstaaten Panama, Grönland, Kanada

Geht schon wieder los: dieses Fluten von batshitcrazy Forderungen und Absichten, die in sich einen absurden Kern von Logik tragen, so dass man dadurch in Debatten gerät. Es lässt sich problemlos in den Trump Rabbit Holes verlieren und die Geschichte Panamas und Grönlands googeln, man wird beschäftigt, unterhalten, abgelenkt, Zeit versackt.

Jedenfalls schreibt es sich von selbst. Trump will militärische Gewalt bei der Annektion Grönlands und Panamas nicht ausschließen, bei Kanada schon, da soll wirtschaftlicher Druck dazu führen, dass Kanada als Bundesstaat der USA angegliedert wird. Ein FOX-Host erklärt in einem Gespräch mit einem kanadischen Offiziellen, dass sich jedes Land glücklich schätzen könne, von Amerika annektiert zu werden und er deshalb die Zurückweisung Kanadas als »offensiv« empfindet, als übergriffig. Die Waldbrände in Los Angels bedrohen im Thomas-Mann-Jahr das dortige Thomas-Mann-Haus. Andrew Tate will eigene Partei (Bruv) gründen, Warriors ausbilden, Kriminelle lebenslang mit 24H livestreamen und moderne Kunst abreißen und dafür Statuen von britischen Helden aufstellen lassen, mit freundlicher Unterstützung von Elon Musk.

9. Januar 2025 | die nächsten amerikanischen Bundesstaaten Panama, Grönland, Kanada

Die Feuer, die das liberale Hollywood Hills vernichten, auch eine Metapher, auch eine Metapher, dass die dystopische Serie Fallout wegen der Ferien Drehpause einlegen muss. Auf X spricht ein im Bild nicht präsenter Musk mit Weidel, Weil begründet, warum Hitler ein Linker war.

10. Januar 2025 | warum nicht

Jede Menge Faktenchecks, weshalb Hitler kein Linker war.

11. Januar 2025 | Riesa

Remigration von Ausländern, Austritt aus Euro-Zone, Ende der Klimawende und Russland-Sanktionen: in Riesa Parteitag der AfD, amtlich abgesichert die gesamte Partei in der nächsten Phase. Auf den Protesten vor der Halle wird ein Landtagsabgeordneter von Polizisten bewusstlos geschlagen.

12. Januar 2025 | Ticket

AfD Karlsruhe mit Wahlkampfflyern in Form eines Abschiebetickets, »Nur Remigration kann Deutschland nur retten«, »Einstiegszeit 08.00-18.00 Uhr«. Eingeworfen werden soll in 30000 Haushalte. Katapult druckt eine Informationsbroschüre mit den »40 menschenfeindlichen Zitaten der AfD, unkommentiert«. Beides mit unterschiedlichen Absichten und ähnlichen Effekten.

13. Januar 2025 | Kapital Ertrag

Große Beschwerden, weil eine Partei Sozialabgabe auf Kapitalerträge ab einer bestimmten Höhe im Wahlprogramm trägt. Verteilungsfrage als Thema im Wahlkampf? Die ersten Wahlplakate hängen, die Grünen personenzentriert, Kanzler werden Menschen bleiben Inhalte vermeiden, Agenturideen aus der Hölle. Unwort des Jahres wird »biodeutsch«, immerhin.

15. Januar 2025 | Kriegsende

Gazakrieg beendet. Unmittelbar danach die Schlacht: Wessen Verdienst? Trumps oder Bidens?

16. Januar 2025 | Kriegsende

Muss Eintrag wiederholen, weil sich so etwas nicht oft schreiben lässt: KRIEGSENDE. Der FOCUS titelt: »Reich werden mit Donald Trump. Aktien, Bitcoin, ETF: Amerikas Präsident treibt die Börsen – So profitieren SIE.«

17. Januar 2025 | Toktik

Der Supreme Court verbietet TikTok in den USA. Welcher Milliardär darf nun kaufen? Die Amtseinführung am Montag wird nach drinnen verlegt, weil kaltes Wetter klirrende Kälte angesagt ist. In Erlangen zitiert ein AfD-Stadtrat im Stadtrat Goebbels, um zu belegen, dass die NSDAP sozialistisch und somit links war.

18. Januar 2025 | $$$

Trump stellt eine eigene Kryptowährung vor, das Memecoin $TRUMP. Der Trump-Memecoin feiere »einen Anführer, der niemals zurückweicht, egal in welcher Situation«. Spitzenwert der heutigen Marktkapitalisierung ist 14 Milliarden.

19. Januar 2025 | Tottik

TikTok abgeschaltet. Dann wieder angeschaltet, TikTok dankt dafür ausdrücklich »Präsident Trump«. Die Pläne für morgen stehen: Amtseinführungen, dann direkt mit den Massendeportationen beginnen. Wie umgehen mit den Ungeheuerlichkeiten, die in den kommenden Tagen prasseln werden? Melania startet ihre eigene Kryptowährung $MELANIA, was den Kurs des Meme-Coins ihres Mannes halbiert, zumindest zeitweise.

20. Januar 2025 | peaceful transition

Amtseinführung Trump, der seine Frau nicht küssen kann. Erste Amtshandlung: Webseite white house climate task force: gone. Unkommentierten Livestream schauen, die peacefull transition. Alle wie Komplizen. So drinnen, wie eine Krönungszeremonie eines Monarchen, die einstigen Herrscher müde und grau, jeder, gleich welchen Alters kraftloser als der vitale Imperator. Alle haben versagt, alle klatschen der kommenden Oligarchie Beifall. Elon Musk zeigt während einer Rede den »Römischen Gruß«.

21. Januar 2025 | Raketengruß

Machen, machen, machen. Aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen, Birthright abschaffen, Abschiebungen anweisen, Ausweitung Ölproduktion, Begnadigung der January 6th-»Geiseln«, Transrechte einschränken, Ausstieg aus WHO, 90 Tage keine Entwicklungshilfe, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umbenennen. Jedes Dekret mit anderem Stift unterschreiben, damit sich das Dekret in den Stift überträgt und eine Idee zum Objekt Fetisch werden kann, verschenkbar, verkaufbar, ausstellbar.

Beim erneuten Schauen sehen, dass Musk zwei Mal die Hand zum Hitlergruß hebt. Ein Troll, der sagt: Wenn Ihr denkt, dass ich ein Faschist bin, gebe ich euch den Faschisten. Die Hand ein Dog Whistle und zugleich ein eindeutiges Zeichen, ein herrliches Hallo an die Proudboys, MAGA, die Zukunft.

Jetzt Frame für Frame durchgehen, um zu prüfen, wie weit der Ketaminarm die Hand zum Gruße hebt, um entscheiden zu können

irritierend
umstritten
ungeschickt
merkwürdig
vermeintlich
Raketengruß
das Herz zuwerfen
Asperger-Übersprungshandlung

Unter dem Gruß die Dekrete Dekrete Dekrete vergraben

oder

Unter den Dekreten Dekreten Dekreten den Gruß vergraben, einen halben Tag »Diskussionen« und Memes, dann atemlos weiter zum nächsten Dekret. Was sagt das aus über den Zustand der Welt, wenn der reichste Mann der Welt, der sich mit viel Geld in die neue Regierung eingekauft hat, um dort das Bildungsministerium u.ä. abzuschaffen, vor aller Welt Hitler grüßt? In den Worten von Olaf Scholz: Zeitenwende.

22. Januar 2025 | exponentiell

Die Bereitwilligkeit, mit der Musks Hitlergruß kleingeredet wird. Vielleicht ist das ein ganz hilfreicher Indikator. Die, die auf der Bühne stehen und die Hand heben, brauchen die vor der Bühne und letztlich auch die, die das Zeichen relativieren.

Eine Predigt, gesprochen von einer Pastorin in die Ohren von Trump, in der sie ihn zu Barmherzigkeit auffordert, »have mercy on gay, lesbian and transgender children, as well as undocumented immigrants«, also die Feinde der neuen Regierung. Es ist der Inhalt, aber auch die Situation – ein Akt der Widerständigkeit im Beisein des Mächtigen, weshalb die Rede so viel Aufmerksamkeit erfährt. Ein republikanischer Abgeordneter fordert, die Pastorin auf die »deportation list« zu setzen. Die Geschwindigkeit, mit der die Normalisierungen geschehen, fühlt sich in diesen Tagen exponentiell an.

23. Januar 2025 | Stargate

Stargate heißen die 500 Mrd. Dollar, von denen die amerikanische Regierung möchte, dass sie in die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz gesteckt werden. Da kommt die Zukunft zusammen: unbeschränkte KI im Besitz rückgratloser, libertärer, maximalkapitalistischer Milliardäre zu Diensten einer tyrannischen Regierung. Sam Altman von ChatGTP schreibt folgerichtig, »watching @potus more carefully recently has really changed my perspective on him, I’m not going to agree with him on everything, but I think he will be incredible for the country in many ways!« In Deutschland schlägt die Tat von Aschaffenburg mit leichter Verzögerung im Wahlkampf ein, um so konsequenter, wie der SPIEGEL schreibt: »Nach Aschaffenburg ist der Wahlkampf ein anderer«, Maß endgültig voll, Politikwechsel, dauerhaft ausnahmslos illegal Grenze umfassend Grenze Mentalitätswandel konsequent irregulär Zentren lückenlos

24. Januar 2025 | Die Natter ist immer auch eine Hydra

Zeit der Vergleiche. Der zukünftige Kanzler sagt: »Wenn man sich eine solche Natter an den Hals holt, wird man von dieser Natter erwürgt.« Der baldige Kanzler kündigt an, Anträge zur Verschärfung der Migrationspolitik in den Bundestag einzubringen, »unabhängig davon, wer ihnen zustimmt« Stimmen durchzählen, welcher fraktionslosen Abgeordneten neben CDU & Natter zustimmen müssen.

25. Januar 2025 | past guilt

Mit welchem Genuss Alice für Deutschland in Halle das Wort »Remigration« ausspricht, jeder Buchstabe rollte dreimal satt über die Zunge. Der zugeschaltete Elon Musk verkündet: »Children should not be guilty of the sins of their parents, let alone their great-grandparents … there’s too much focus on past guilt«, ein Tag vor dem 80jährigen Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, Alice Weidel ergänzt: »Make Germany Great Again«. Deutschlandweit Demonstrationen dagegen, 10000 in Halle, 100000 in Berlin. In wenigen Tagen Antrag und Abstimmung. Der Wahlkampf hat sein Thema, kennt jetzt die Positionierungen, diese Dynamik, mit der ein Ereignis die Dinge beschleunigt, Folgen hat, Konsequenzen erzwungen werden.

26. Januar 2025 | kurzes Dagegenhalten

Der kolumbianische Präsident schickt ein Flugzeug, das aus den USA abgeschobene Kolumbianerinnen und Kolumbianer nach Kolumbien abschieben will, zurück in die USA. Der amerikanische Präsident droht Strafzölle gegen Kolumbien an, der kolumbianische Präsident erklärt sich bereit, die Abgeschobenen einfliegen zu lassen. Ein Beispiel von vielen, ansonsten verlieren sich wie erwartet Dekrete und Aktion im beständigen Nacheinander, was war mit Hegseth, was war mit dem Entlassen von Kontrolleuren?

27. Januar 2025 | Aschaffenburg

In den vergangenen Tagen von verschiedenen Seiten die Hinweise auf Messerattacken, Femizide, Autounfälle, Morde – lauter Taten und Geschehnisse, bei denen Menschen getötet und bedroht wurden, bei denen keine »nationale Notlage« ausgerufen wurde. Die Frage, warum eine Tat etwas auslöst und eine andere Tat nicht. Die Frage, nach welchen Kriterien und Dynamiken ein Geschehnis zu einem politischen Ereignis wird. Die Frage, weshalb nach Aschaffenburg keine anderen Fragen gestellt werden, z.B. die nach Verbesserung der psychologischen Versorgung. Jeweils die offensichtliche Antwort. Die Erinnerung an ein Gespräch kürzlich: gemeinsames Reden über Energie, soziale Frage, Klima, die Einigkeit, dass gehandelt werden muss. Am Ende sagt mein Gegenüber: Erst müssen wir das Migrationsproblem lösen, bevor wir die anderen Problemen angehen können.

28. Januar 2025 | Golf von was

Es gibt eine Menge, wegen dem es sich lohnt, Wut auf die momentane Situation in den USA zu empfinden – der Ausstieg der USA aus der WHO und dem Klimaabkommen, das Pausieren der Finanzierung von Anti-HIV-Programm, das Telefongespräch Trumps mit der dänischen Ministerpräsidentin, in dem er seinen Anspruch auf Grönland untermauert (»sehr unfreundlicher Akt, wenn es darauf bestehen würde, Grönland zu behalten«), die Begnadigungen, ICE etc. Was mich aber unnatürlich sauer aufstößt: dass Google auf Google Maps den »Golf von Mexiko« in »Golf von Amerika« umbenannt hat.

EDIT: Die Maps-Umbenennung nur im amerikanischen Maps. Trotzdem. Aber. Dann die Wut doch auf: »Stop der Lieferung von lebensrettenden Medikamenten in Entwicklungsländer, Mittel gegen HIV, Malaria und Tuberkulose sowie medizinische Hilfsgüter für Neugeborene.«

29. Januar 2025 | Sie können folgen

Im Bundestag erst das Gedenken an die Shoah, Nie Wieder!, We Remember, dann gemeinsames Handeln mit den Rechtsextremen, um den »Entschließungsantrag« durchzubringen. Das muss man erst einmal hinkriegen. Eine so desillusionierende Mischung aus Dilettantismus, Vorsatz, Trotz und Naivität seitens der Konservativen. Was wäre eigentlich schlimmer? Wenn der Kreis um Merz weiß, was er tut? Oder wenn er es nicht weiß? Die Abstimmung heute ohne parlamentarische Folgen, eine rein symbolische Veranstaltung. Die Frage: Welche Symbole wurden geschaffen? Eine Zeitung titelt mit einer Fahne – SchwarzBraunGelb. Ein AfD-Abgeordneter ruft in Richtung CDU: »Jetzt und hier beginnt eine neue Epoche. Jetzt beginnt etwas Neues.… Sie können folgen, Herr Merz, wenn Sie noch die Kraft dazu haben.«

30. Januar 2025 | verlieren

Gestern auch ein Gespräch über diese Januareinträge. Das aufs Aufzählen beschränkte Formulieren, weitestgehend der Verzicht auf eigene Gedanken und Einordnung löst in der Verdichtung ein fast unaushaltbares Gefühl von Negativität aus. Ich denke darüber nach. Ist es das, was ich will? Negativität erzeugen, quasi aus der Ohnmacht heraus die kalte Reduktion als Rache an der Gegenwart?

Irgendwie schon, denke ich. Ja, die kürzeren Einträge sind auch dem zeitlichen Aufwand geschuldet, den ein Abwägen, ein Aufzeigen von Widersprüchlichkeiten, das Darstellen verschiedener Perspektiven, kosten würde. Aber eigentlich will ich es genau so. Vorerst knapp aufzählen, so dass später einmal deutlich werden kann: So geballt kam das. An weiteren Blicken, möglicherweise Verständnis, an einem ausgewogenen Pro/Contra habe ich momentan wenig Interesse.

Was auch daran liegt, dass die Konservativen und Bürgerlichen, die aus der Mitte, die Linke sowieso, verlieren. Auf ganzer Linie verlieren. Unaufhaltsam zerbröckeln. An sich selbst scheitern. Scheitern an der Unfähigkeit, drängende Probleme anzugehen, mit Kraft Notwendiges zu tun. Oft nichtmal begreifen, was geschieht. Viel zu bereitwillig in den Kotau knicken. Der Wucht der Undemokraten zu wenig entgegenzusetzen haben. Das Demokratische verliert. Wie sollte es in diesen Einträgen gerade um etwas anderes gehen als Negativität.

Aber das ist ja auch das Wesen solch täglicher Einträge: Sie fangen das ein, von mir scheint, was gerade vor sich geht. Nicht nur draußen, sondern auch in mir. Nichts davon ist festgeschrieben, die Negativität ist da und wird bleiben, aber nicht alles sein können.

31. Januar 2025 | Once again: Auf euch kommt es an

Es ist jetzt 10:00 Uhr. Vor einer Woche hier das Zitat, dass nach Aschaffenburg der Wahlkampf ein anderer sei. Seit zwei Tagen noch mal ein anderer. Jetzt die zentrale Frage nicht mehr Migration, sondern: Wie zur AfD verhalten? Ein kleinerer Teil hat sich entschieden, der größere Teil wird durch den Entschließungsantrag gezwungen, für sich die Frage zu beantworten: Ist die AfD, weil demokratisch gewählt, Teil der Demokratie und muss auch so behandelt werden, kann also Partnerin sein in Sachfragen, Zusammenarbeit, Koalition?

Diverse Umfragen zu dieser vielleicht wahlentscheidenden Frage. Die Zahlen irgendwo zwischen 40-66% bei Ja. Ich nehme es in diesen beiden Tagen als große Erschütterung und Explosion wahr, wie die erfolgreich durchgeführte Abstimmung die Gesellschaft in einen final Fight gezwungen hat, sich dieser politischen Frage zu stellen. Weil: Wir klären das jetzt. Und mit wir ist tendenziell konservativ/bürgerlich/Mitte gemeint. Weil klar ist: Fällt die Antwort in diesen Tagen mit Ja aus, wird es vorerst kein Nein mehr geben.

Viele Demonstrationen vor CDU/CSU-Parteihäusern, ausdrücklich nicht vor AfD-Gebäuden, weil es nicht mehr darum geht, etwas Grundsätzliches über die AfD sagen zu müssen. Sondern darum, wie sich Nicht-AfDler zur AfD verhalten. Friedrich Merz, der erklärt, dass die Demonstrierenden es mit diesem Demonstrationsrecht übertreiben und zur Mäßigung aufruft. Zeitungen, die schreiben, die Demonstranten entlarven die »eigene totalitäre Gesinnung«, sie seien die »neuen Ewiggestrigen«. Auf Facebook die Nachrichten an »CDU-Wähler und CDU-vielleicht-Wähler unter meinen Kontakten, FDP-Freunde können auch weiterlesen«, »Once again: Auf euch kommt es an.«

Michel Friedmann, der seinen Austritt aus der CDU erklärt, weil die CDU »das Tabu verwässert« habe. Der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg, der wegen der Abstimmung sein Bundesverdienstkreuz zurückgibt. Angela Merkel, die Zitate von Friedrich Merz gegenüberstellt und erklärt, weshalb sie die Abstimmung für falsch halte. Wolfgang Kubicki, der schreibt »Schönen Gruß aus Südafrika? „Die Abstimmung muss rückgängig gemacht werden.“«, was Thomas L. Kemmerich retweetet.

Zahlreiche »Chroniken«, die den Hergang in der CDU von Aschaffenburg bis zur Abstimmung detailliert beschreiben. Berichte, die Reaktionen von CDU-Leute beschreiben, vom Dilemma, zwischen der eigenen Position und der Vorgabe Merz’ entscheiden zu müssen. Interviews mit Wählern, in denen wiedergegeben wird, dass die Wähler sich nicht um parteipolitische Spielchen scheren, sondern an Sachfragen interessiert sind, in der Sache unterstützt der Wähler in diesen Interviews Inhalt des Entschließungsantrags und Zustrombegrenzungsgesetzes mehrheitlich.

Bahn gebrochen, Bann gebrochen, eine Flut von Takes, Beobachtungen, Wut, Unverständnis, Beschuldigungen, Positionsbeziehen, Vorwürfen, Beobachtungen dieser Reaktionen, alles bebildert mit dem Foto vom Mittwoch, wie sich eine feixende AfD-Fraktion nach der Abstimmung zu einem stimmungsvollen Selfie zusammenfindet.

Nichts davon hätte vor dem 23. Februar sein müssen und vielleicht ist es so, dass Friedrich Merz am Ende einfach ein Politiker ist, der sein Handwerk nicht versteht oder den sein Instinkt verlassen hat und der eine falsche strategische Entscheidung getroffen hat, indem er seine Partei drei Wochen vor der Wahl in eine Standortbestimmung getrieben hat, die allen anderen Stimmen bringen kann, nur der eigenen Partei nicht. Vielleicht ist es gut, das vor der Wahl zu wissen. Und vielleicht ist der Take: Wenn am 23.2. der Balken der CDU mehr als 31% anzeigen wird, wird er diese Strategie für sich selbst als Erfolg verbuchen können. Und selbst dann wird er nicht verstanden haben, dass die zentrale Frage nicht ist, ob die CDU 31,5% oder 30,5% der abgegebenen Stimmen erhält.

Später am Tag die Abstimmung über das Zustrombegrenzungsgesetz. tbc

tbc ist Mitternacht, nach einem Tag, an dem man wie über eine Woche schreiben könnte, weil es scheint, dass sich daran die Blessuren der Zeit erzählen lassen. Diese Debatte im Bundestag, wie viele Seiten wären nötig, um nur das Gesagte wiederzugeben, und danach das Gesehene, die Reaktionen, die Gesichter, Gesten, das Gefühl, einem erwartbaren Desaster beigewohnt zu haben, einem Durchriss, einem Verlust aller Zwischentöne, weil die erzwungene Entscheidung das Eindeutige erzwang. Man hat sich gegenseitig ein Angebot gemacht und einander angenommen. In symbolhafte Abstimmung gegossene Zukunft der Zusammenarbeit der Konservativen mit den Rechtsextremen, dieser Schulterschluss, der die Gewichte dauerhaft verschiebt. Wie von hier an ein Zurück? Was hängenbleibt. Wie Alexander Dobrindt entgegen des Wunschs der Mutter aus dem Polizeibericht von Aschaffenburg vorliest. Der Name Zustrombegrenzungsgesetz. Bis in die Nacht hinein »The Brutalist« sehen, von allen Filmen ausgerechnet.


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